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Ärztliche Behandlung – medizinische Statistik

Margula Wilhelm am 17.3.2013
So 17 Mär Richter, deren Beruf es ist Urteile zu fällen, brauchen für spezielle Sachfragen Entscheidungsgrundlagen von Fachleuten. Sie holen also Sachverständigengutachten ein. Es ist üblich dass Gutachter unter An­gabe der Quellen ihre Aussagen mit Studien untermauern. Richter können so die Seriosität der ihnen zugelieferten Grundlagen prüfen.

Weitaus weniger verständlich ist für mich die „Studiengläubigkeit“ von Ärzten, deren Beruf es ist, Krank­heiten zu diagnostizieren und zu heilen. Sie müssten aufgrund ihres bisherigen Wirkens und ihrer Fach­kompetenz wissen, dass dabei auf Studien kein Verlass sein kann, und kein Verlass ist. Krankheiten hal­ten sich nämlich ebensowenig an medizinische Lehrbücher, wie die Natur bereit ist sich bei allen Patienten gleichermaßen, selbst der seriösesten Studie zu unterwerfen.

Ich frage mich, ob die Heerschaft der „studiengläubigen“ Mediziner von dem überzeugt ist, was sie predigt?

Unmengen von medizinischen Daten werden zusammengetragen, in Studien eingearbeitet und veröffent­licht. Das Ergebnis sind Wahrscheinlichkeiten, signifikante Abweichungen und sonstige statistische Aus­sagen. Nehmen wir 2 Beispiele: (Aussage A) statistisch gesehen kommt es nur „ganz selten“ vor, dass jemand an X erkrankt, oder (Aussage B) unter einer bestimmten Therapie steigt die Lebenserwartung um Y Monate. Dann fragt man sich, was nützt das dem, der trotz Aussage A doch an X erkrankt ist, oder wo fordert der andere die Aussage B ein, der nicht von der vorhergesagten höheren Lebenserwartung profitieren konnte, weil bei ihm zum Beispiel eine andere Krankheit hinzugekommen war?

EBM (evidence based medicine) – die Folge der vielen Studien – gibt auch vor, wie Krankheiten zu be­handeln sind. Dabei bleibt der heute zu behandelnde Kranke nur insoweit berücksichtigt, als seinerzeit ein Mensch mit ähnlichem Krankheitsbild in eine Studie eingeschlossen oder ausgeschlossen war. Ob aber der nun kranke Körper genauso auf die Therapie reagiert, wie die Mehrzahl der damals untersuchten Probanden, das steht in den Sternen.

Nur dort „wo es keine Evidenz gibt, ist eine individuelle Entscheidung des behandelnden Arztes zulässig.“ Das heißt im Umkehrschluss, wo es Evidenz gibt, muss danach behandelt werden, ungeachtet ob EBM für den heute zu behandelnden Patient das Beste ist, ob EBM dem individuellen Patientenwillen ent­spricht oder ob die evidenzbasierte Behandlungsmethode oder Behandlungsart sich mit der individuellen Erfahrung des behandelnden Arztes deckt.

Kranke finden heute bei einem Arzt immer seltener Rat, Verständnis, Zuwendung, Trost, Hoffnung, Hilfe und Heilung. Heute bekommt jeder die gleiche, standardisierte Therapie, die ein Arzt nach EBM zu ergreifen hat. Tut er das nicht, kann er (von Angehörigen, von Pflegepersonal oder vom Kollegen) ange­zeigt werden und er wird sich vor einem Richter zu verantworten haben, dem Entscheidungsgrundlagen von Medizinern geliefert werden, die das Credo der EBM beten.

Der Patient kann heute sogar EBM ergoogeln, er kann sich aber auch nur an „google“ wenden, wenn er nach EBM behandelt wurde, sich aber trotzdem ein anderes Ergebnis einstellte als erwartet war.

Tipp: Solange jemand noch gesund ist, sollte er dem Arzt seines Vertrauens sagen, wie er in bestimmten Situationen behandelt werden will. Gemeint ist nicht, dem Behandler vorzugeben, welche Therapie er anzuwenden hat, sondern dass der Patient frühzeitig deklariert, ob er mit „Machbarkeitsmedizin“ am Leben erhalten werden möchte oder ob er palliativmedizinisch behandelt werden will.
Allgemein Angehörige Geriatrie Patient Wissen
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