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Zitat Profil vom 04.08.2023:

"Die Wienerin Evelyn Brezina lebt mit einer Glasknochenkrankheit. Wie Tausende andere ist sie auf eine 24-Stunden-Betreuung angewiesen – ein Pflegebereich ohne Lobby, der auf prekären Arbeitsverhältnissen beruht. Wie lange wollen die Zuständigen zuschauen? [...]

Während der Pandemie haben die Betreuerinnen angefangen, sich untereinander zu organisieren. Das ist einzigartig – sie haben nämlich keine eigene Vertretung, wie andere Berufsgruppen. Keine Gewerkschaft, keine Schlichtungsstelle – und keine zuständige Anwaltschaft bei arbeitsrechtlichen Problemen. Unterstützung bekommen sie von der Interessensgemeinschaft der 24-Stunden-Betreuer:innen (IG24) [...] „Es gibt sehr viel Missbrauch“, erzählt Flavia Matei. Sie ist eigentlich Architektin aus Rumänien. Seit einigen Jahren setzt sie sich für migrantische Pflegekräfte ein. Jedes Jahr kämen neue Fälle hinzu, so die Aktivistin. Die Fälle seien nicht nur arbeitsrechtlicher Natur, auch körperlich soll es zu Übergriffen kommen. [...] Das Gesundheitsministerium verweist auf die Zuständigkeit des Arbeitsministeriums - dort schlägt man bei Gewaltsituationen wiederum einen „vorzeitigen Austritt aus dem Arbeitsvertrag” vor. Letztlich bleibt den Betroffenen nur eines: teure und aufwendige zivilrechtliche Klagen. [...]

»Es ist sehr problematisch, wenn gewinnorientierte Unternehmen die Verantwortung haben – letztlich trägt diese der Staat,« so Matei darüber, dass Institutionen häufig die Betreuer:innen für ihre miserable Lage verantwortlich machen. Doch diese hätten kaum Möglichkeiten: »Weder die Arbeiterkammer noch die Gleichbehandlungsanwaltschaft sind zuständig.« Die einzigen Möglichkeiten, die den betroffenen Frauen demnach bleiben würden: »Im Haushalt mit dem Täter bleiben, oder den Transport ins Heimatland selbst organisieren.« [...]

Während die Bevölkerung immer älter wird – Prognosen der Statistik Austria gehen davon aus, dass in zwölf Jahren jede:r vierte Österreicher:in über 65 Jahre alt sein wird – steigen auch die Pflegefälle in den Familien. Die Heime werden voller, so lastet die Betreuung auf den Schultern der nächsten Generation (gut eine Million Österreicher:innen pflegen ihre Angehörigen); und meistens auf denen der Frauen.

Gleichzeitig werden viele Betreuer in den nächsten Jahren in Pension gehen – der Pflegenotstand wird sich zuspitzen. „Wir sind schon in einer Pflegekatastrophe”, sagte Elisabeth Potzmann, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands, kürzlich im profil-Gespräch, »denn wir können die Qualität nicht mehr bieten, die den Menschen zusteht.« [...]
Das ist der Regierung bewusst: Sie präsentierte ein zweiteiliges Pflegepaket; im Vorjahr wurde eine Milliarde Euro für die Pflege locker gemacht, Anfang Juni folgten weitere 120 Millionen Euro. Dabei wurde jedoch eine wichtige Säule des Pflegebereichs vergessen: Die 24-Stunden-Betreuung. [...]

Noch ein Detail: Seit 2019 können sich rund 900 Vermittlungsagenturen, die in Österreich registriert sind, mit dem Qualitätszertifikat ÖQZ-24 für die Einhaltung gewisser Leistungen zertifizieren lassen. Das obliegt den Agenturen selbst - verpflichtend ist das Zertifikat nicht. Von den rund 900 Vermittlungsagenturen, die in Österreich registriert sind, haben sich bloß 40 das Siegel geholt. Weitere vier befinden sich laut Informationen des Gesundheitsministeriums in laufenden Zertifizierungsverfahren. Laut Ministerium beschäftigen die 40 zertifizierten Agenturen rund ein Drittel aller 24-Stunden-Betreuerinnen.

Ein Vorwurf, der selbst bei dem Qualitätssiegel Zweifel an sicheren Arbeitsbedingungen hervorrufen lässt: Der Verein, der die Agenturen prüft, soll von Funktionären mitkonzipiert worden sein, die selbst Vermittlungsagenturen betreiben, wie auch Recherchen des Moment-Instituts nahelegen.

Die Interessensgemeinschaft IG-24 spricht jedenfalls von groben Problemen, selbst bei zertifizierten Unternehmen: Verspätete Auszahlung der Honorare bis hin zur Vernachlässigung bürokratischer Aufgaben, wodurch hohe Schulden für die Betroffenen entstehen können. Flavia Matei kritisiert wiederum, dass die die Zertifizierung »kaum die Arbeitsbedingungen der Betreuerinnen« thematisiere. [...]

Kürzlich wurde als Teil der Pflegereform beschlossen, die Förderung für Patient:innen zu erhöhen, die zuhause betreut werden wollen. Leistbar ist es für viele aber noch immer nicht. Möglicherweise auch ein Grund, warum die „Teilbarkeit“ der Betreuungskräfte angekündigt wurde. Eine Betreuerin, so sieht es das Gesundheitsministerium vor, soll sich um bis zu drei Personen kümmern – »ohne vorab Informationen über die Pflegestufe, Entlastungsangebote, Arbeitszeiten oder gar Honorare informiert zu sein. Und das ohne Anstellung«, beklagt Matei. Sie bezeichnet diese neue Regelung als »Skandal«. [...]

https://www.profil.at/oesterreich/wie-weit-oesterreich-von-f...
Quelle: profil.at


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